Die Hure und der Meisterdieb by Bettina Szrama

Die Hure und der Meisterdieb by Bettina Szrama

Autor:Bettina Szrama
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Gmeiner-Velag
veröffentlicht: 2012-03-30T04:00:00+00:00


Doch nicht nur Nickel wurde von Eifersucht geplagt, auch der Wirt, Otto Müller, hatte herausgefunden, dass sein Weib Dore die hochwohlgeborene Frau von Götzel nicht nur spielte, sondern ihre Rolle gar zu ernst nahm. So schlich er sich im Morgengrauen auf ihr Zimmer, wo er Lorenz nackt, wie Gott ihn schuf, in ihren Armen fand. Es kam zu einer Auseinandersetzung, in der der stark betrunkene Wirt den Kürzeren zog und es dem Verführer gelang, sich in die Stube gegenüber zu flüchten: in das Zimmer des Doktors. Dort lag Anna angekleidet auf dem Bett, wohin sie sich wegen leichter Kopfschmerzen zurückgezogen hatte.

Seitdem sie die Geliebte des edlen Herrn von der Mosel war, hatte Lorenz noch keine Gelegenheit gefunden, sie allein anzutreffen. Als er nun so plötzlich nackt vor ihr stand, verließ ihn sein Mut und er wich zur Tür zurück, wo er nach einem Zipfel des schweren Samtvorhanges griff, um seine Blöße zu bedecken. Aber bevor er sich wieder hinausschlich, wollte er einen Blick auf das schlafende Weib riskieren, das in seinen schweren Pelzen ausgestreckt vor ihm in den glänzenden Kissen lag. Dabei zog er etwas zu fest an dem Vorhang, sodass der schwere Stoff auf ihn herabfiel und Anna weckte. Sie dachte, dass es ihr Mosel sei, stützte sich leicht benommen auf die Ellbogen und blinzelte mit zusammengekniffenen Lidern zur Tür. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, dass es nicht Nickel war, sondern Lorenz, und sie fing schallend an zu lachen.

»Still!«, zischte Lorenz, sprang auf sie zu, riss den Vorhang mit und drückte ihr die Hand auf den Mund. Er hielt sie in den Kissen, bis sie ganz still wurde, aufhörte zu Lachen und ihn mit ihren schwarzen Augen unsicher taxierte.

»Was machst du denn hier?«, flüsterte sie leise, als er seinen Griff lockerte. »Du weißt doch, dass du dich im Zimmer des Doktors befindest? Ich würde dir raten, schnell zu verschwinden, bevor er kommt. Nackt mit seiner Geliebten in seinem Bett, das würde er dir nie verzeihen. Er hat nun mal etwas gegen Revierräuber!«

Als er überrascht reagierte, aber nur schlecht das wollüstigen Verlangen verbergen konnte, das ihr Anblick auslöste, begann sie verhalten zu lachen.

»Du machst dich lustig über mich, Weib. Doch das Lachen wird dir noch vergehen«, bemerkte er wütend, während er langsam seine Selbstbeherrschung zurückgewann. »Mir ist bewusst, in wessen Zimmer ich mich befinde. Du musst mich nicht darauf hinweisen. Ich weiß aber auch, dass der Doktor seinen Rausch unten in der Gaststube ausschläft und er erst in ein paar Stunden mit einem mächtigen Brummschädel aufwachen wird.« Auf seinem Gesicht zeigte sich ein überlegenes Grinsen. Er stützte sich auf die Hände und beugte sich über sie, sodass er ihr näher kam und sie zwang, ihm in die Augen zu sehen. »Dass du mal seine Geliebte wirst …? Hätte mir jemand das in Stedten erzählt, ich hätte es für einen Witz gehalten. Wie kann der große Meister nur so blind sein und sich in eine Rose verlieben mit giftigen Dornen? Wie oft hast du ihn versucht zu bestehlen? Oder ihn zu betrügen oder gar zu töten? Gib es zu!« Er lachte, aber es schwang Sarkasmus mit.



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